Annahmeverzugslohn – Auskunft hinsichtlich anderweitigen Erwerbs
Der Arbeitgeber hat gegen den Arbeitnehmer, der Vergütung wegen Annahmeverzugs fordert, einen Auskunftsanspruch über die von der Agentur für Arbeit und dem Jobcenter unterbreiteten Vermittlungsvorschläge. Grundlage des Auskunftsbegehrens ist eine Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis nach § 242 BGB. (Az. 5 AZR 387/19)
Der Arbeitgeber sprach seinem Arbeitnehmer gegenüber die Kündigung aus, wogegen dieser erfolgreich mit einer Kündigungsschutzklage vorging. Im Laufe des Kündigungsschutzprozesses verstrich die Kündigungsfrist, sodass der Kläger bis zum Ende des Prozesses zunächst Leistungen der Agentur für Arbeit und des Jobcenters bezog. Nach Obsiegen des Kündigungsschutzprozesses erhob der Arbeitnehmer Klage auf Zahlung von Annahmeverzugslohn. Dieser steht dem Arbeitnehmer zu, sofern nach Abschluss eines Kündigungsschutzprozesses die Unwirksamkeit der Kündigung und mithin der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses festgestellt wird. Die Höhe des Anspruchs bemisst sich nach der Vergütung, die bei einer Weiterarbeit erzielt worden wäre. Die Beklagte forderte mit einer Widerklage Auskunft über die von der Agentur für Arbeit und dem Jobcenter dem Kläger während des Annahmeverzugzeitraums übermittelten Stellenangebote. Das Arbeitsgericht hat der Widerklage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen. Das BAG hat die hiergegen gerichtete Revision ebenfalls zurückgewiesen.
Der Anspruch der Beklagten über die von der Agentur für Arbeit und dem Jobcenter angetragenen Vermittlungsvorschläge ergebe sich aus einer Nebenpflicht des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis aus § 242 BGB, dem Grundsatz von Treu und Glauben. Der Arbeitgeber benötige für die Einwendung des böswilligen Unterlassens anderweitiger zumutbarer Arbeit, die die Zahlungsansprüche des Arbeitnehmers abwehren könnte, die Auskunft über ausgeschlagene Vermittlungsangebote der Agentur für Arbeit. Gem. § 615 BGB hat der Arbeitnehmer sich auf den Annahmeverzugslohn dasjenige anzurechnen, was er infolge von ersparten Aufwendungen, anderweitigen Verdienst und böswillig unterlassenen Erwerb erwirtschaftet hat.
Mit dieser Entscheidung hält das BAG nicht mehr an der bisherigen Rechtsprechung des 9. Senats vom 16.05.2000 (Az. 9 AZR 203/99) fest. Bis dato galt eine unterlassene Meldung beim Arbeitsamt nicht als böswilliges Unterlassen. Mittlerweile sei der Arbeitnehmer aufgrund der Regelung des § 2 Abs. 5 SGB III zur aktiven Mitarbeit bei der Vermeidung oder Beendigung von Arbeitslosigkeit angehalten und verpflichtet. Die Richtung dieses Urteils schränkt das Annahmeverzugsrisiko von Arbeitgebern in Kündigungsschutzprozessen nachhaltig ein. Der Arbeitnehmer solle nicht auf eine volle Entgeltfortzahlung in Form von Annahmeverzugslohn vertrauen, sondern sich mit Vermittlunsgangeboten der Agentur für Arbeit auseinandersetzen – so das BAG.